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Zur Ausstellung
Monika Kopplin
Direktorin des Museums für Lackkunst

Nach dem Verlust einer eigenständigen, auf kunsthandwerkliche Meisterschaft gegründeten Lackkunst durch die Industrialisierung und einer nahezu ein Jahrhundert klaffenden Lücke setzten in Deutschland, angeregt durch den Wuppertaler Lackfabrikanten und Sammler Kurt Herberts, erst Oskar Schlemmer und Willi Baumeister in den späten dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts den Neubeginn einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem so vielgestaltigen Werkstoff Lack. Zugleich führten sie ihn – über seinen tradierten Einsatz als schützende Firnisschicht auf Gemälden weit hinausgehend – in die Malerei ein. Schlemmers im Prozess der Materialerkundung for – mulierte Fragestellung – »Was ist Lack? Wo ist sein Ursprung? Was ist sein Wesen?« – und die in der Praxis gewonnene Einsicht scheinen die weitere Entwicklung zu postulieren: »Lassen wir ihn glänzen und flie- ßen, lassen wir ihn Formen bilden und Form werden, wozu ihn sein Wesen drängt, wozu ihn das Gesetz des Fließens zwingt! Greifen wir ein, um seinen Lauf zu lenken, so entsteht ein Neues aus Lackgesetz und menschlichem Willen.«


Ulrich Moskopps Dammarbilder schließen, über ein halbes Jahrhundert später entstanden, an diese neue Wahrnehmung an. Er tut dies in der künstlerischen Auseinandersetzung mit Dammar, einem Harz, dessen spezifische Eigenschaften er ausgelotet und mit seinem gestaltenden Willen versöhnt hat. Für die außerordentliche Transluzidität und hervorragende Fließqualität des Dammars müs – sen extrem lange Trocknungszeiten und die Neigung zu klebri – ger Oberfläche in Kauf genommen werden. Wie kaum ein anderes Harz fängt Dammar aber das Licht ein und verleiht ihm körper hafte Präsenz, eine Eigenschaft, die sein malaiischer Name – er bedeutet »Licht« – in sprachlichen Klang umsetzt. Die von Schlemmer ange – sprochene Formwerdung ist, wie Falk Wolf es formuliert hat, in der »Bewegung des Hinabfließens«, im feinen Relief der Dammarwellen »konserviert«. Aus dem trägen Fluss des Harzes wird am Ende, wie an der Rinde des Baumes, »stehender Lack«. Ulrich Moskopps Bilder mit Dammar stehen beispielhaft für die grundlegende Erfahrung, dass nur der mit Lack arbeiten, ihn gestalten und somit »beherrschen« kann, der sich ihm und seinen Gesetzen unterwirft. In der räumlichen Tiefe seiner Bilder scheinen aber andere, transzendente Dimensionen auf. Den Besuchern der Ausstellung wünsche ich die Erfahrung dieser über das Licht- und Raumerlebnis hinausweisenden Tiefe und Botschaft.